Für ihren (Kurz-)Spielfilm „Das Schwellenland“ über Ressentiments und Sprachlosigkeit Einheimischer gegenüber Migrant:innen wurde die Regensburgerin Carolin Wittmann, 22, zuletzt bei Festivals mit Preisen überhäuft. Jetzt kommt der Film endlich auch ins Kino. Ein Gespräch über die Angst vor dem Fremden, was sich mit Film heute noch bewegen lässt – und warum man Herzensprojekte immer noch am besten auf eigene Faust und, wenn es sein muss, im Alleingang realisiert

0941mag: Dieser Tage hatte Ihr Film „Das Schwellenland“ Premiere im Regensburger Ostentor-Kino. Wie fühlt sich das an?

Carolin Wittmann: Es ist das erste Mal, dass ein Film von mir im Kino gezeigt wird – nicht im Rahmen eines Festivals und nicht nur für geladene Gäste. Kommen kann, wer ein Ticket kauft, den Film sehen will, sich mit der Crew unterhalten will usw., das finde ich schön! Denn ich hab’ den Film ja nicht gemacht, damit er irgendwo auf Festplatten verrottet. Sondern weil ich Menschen damit erreichen will. Und dass das Ostentor mir das ermöglicht, ist natürlich super.

Gehen Sie gern ins Kino? Und seit wann?

Ich glaub’, die Liebe zum Film habe ich von meinem Papa. Der ist der totale Filmfan, hat eine große DVD-Sammlung und zusammen sind wir schon sehr früh auch ins Kino gegangen. Wobei: Ich bin jetzt nicht so der Blockbuster-Fan. Nicht, weil ich gegen den Strom schwimmen will, sondern weil ich mir denk’: Boah, soviel Geld für so wenig Inhalt? Und was nehme ich davon mit, abgesehen vielleicht von den special effects? Ich meine: Das sind schon gute Filme. Sie erfüllen ihren Zweck. Aber wenn kleine Kinos wie das Ostentor oder das Garbo in Regensburg Filme zeigen, die nicht so auf ein großes Publikum zugeschnitten sind, ist das einfach cool. Da geh’ ich gerne hin!

Wie würden Sie Ihre filmische Sozialisation beschreiben? Welche Filme waren für Sie wichtig und warum?

Einer ist sicher „Interstellar“ von Christopher Nolan. Ich weiß gar nicht, wann der rauskam, 2015/16? Damals hatte ich schon das Gefühl, dass ich so’n bisschen in Richtung Film gehen will, aber gut, was weiß man in dem Alter schon? „Interstellar“ hat mich dann so sehr inspiriert! Auch „Drive“ mit Ryan Gosling ist ein Film, der mir wahnsinnig gut gefällt. Ich mag aber auch kleinere Sachen, wo man sieht: Das ist ein kohärentes Werk, das steht für sich, das will auch gar nicht mehr sein – der beste Actionfilm oder sonst irgendwas. Zu solchen Filmen fühle ich mich hingezogen. 

Sie sind Jahrgang 2000. Was glauben Sie: Spielt das Kino überhaupt noch eine Rolle für die Gen Z?

Am ehesten in diesem Veranstaltungs- oder Date-Kontext, dass man sagt: Hey, man geht mit Freunden ins Kino, man macht was mit Freunden. Kino ist dann aber nicht ausschließlich ein Erlebnisraum für Film. Ich kenn’ viele, die gleichzeitig Netflix aufm i-Pad gucken, mit dem Handy auf Instagram sind – was das Ganze dann multimedial so verschwimmen lässt, dass man keine klare Erfahrung macht. Man fühlt sich hinterher … einfach nur so’n bisschen ausgelaugt. Wobei ich gar nicht weiß, ob die Leute das realisieren. Allgemein wird die Aufmerksamkeitsspanne eher geringer. Das merke ich auch an mir selbst. 

Kann man mit Kino unter diesen Umständen noch was bewegen? 

Ich denke, da muss man das Medium vom Ort entkoppeln! Ein jüngeres Publikum erreicht das Kino heute nur noch auf Festivals. Die haben auch so diesen Eventcharakter. Außerdem ist das Programm inhaltlich und thematisch schon vorsortiert: Man weiß, worauf man sich einlässt, was man bekommt, wenn man zum Beispiel bei der Regensburger Kurzfilmwoche die Filme im „Bayernfenster“ guckt. Grundsätzlich, glaube ich, kann der Film – und speziell der Kurzfilm! – schon was bewegen, weil wir ja alle immer mehr auf kurze Formate eingestellt sind und diese Formate durch vimeo, youtube, durch einfach Links auf WhatsApp rumschicken auch immer zugänglicher werden. Natürlich muss das Kino, müssen die Filmemacher da auch mitspielen – und da geht’s dann um mehr als „nur“ um Reputation und einen guten Film. Man muss es auch verbreiten können.

Als ich gesehen hab’, dass Sie Ihren Film praktisch im Alleingang realisiert haben, auf eigene Faust und eigenes Risiko, hab’ ich an den Jungen Deutschen Film der 60er/70er-Jahre denken müssen. Ist, wie damals Filme gedreht wurden, noch in irgendeiner Weise relevant für Sie?

Ich denk, es ist ein guter Anhaltspunkt, weil man sich damit immer wieder vor Augen führen kann, dass solche Sachen funktionieren und dass man sich selber so was auch trauen kann und soll. Wir reden ja nicht von ungefähr vom Jungen Deutschen Kino als ob das gestern gewesen wäre – das bedeutet, dass es etwas hinterlassen hat. Gerade in Deutschland fühlt man sich kreativ ja oft … vielleicht nicht unbedingt eingeengt. Aber vieles fühlt sich schon sehr rigide und starr an, an Konventionen geknüpft, wenn man nur mal an die großen Sendeanstalten denkt. Da kam ja lang nichts wirklich Neues. Erst jetzt findet man dort unter dem Druck von Netflix und Co. langsam den Einstieg ins Quality TV.

„Das Schwellenland“ ist ein geradezu klassischer Autor:innenfilm: Sie haben das Buch geschrieben, Regie geführt, den Film produziert und mittels Crowdfunding auch finanziert. Das erinnert stark an Leute wie Werner Herzog, Klaus Lemke oder den Niederbayern Josef Rödl, die vor allem unabhängig sein wollten. Sind Sie auch so eigenwillig?

Erst mal danke fürs Kompliment! Und ja, ich mag’s unabhängig. Es gehört zu meinem Selbstverständnis als Künstlerin, dass ich mir inhaltliche Freiheiten erlauben kann, dass ich sagen kann: Ich riskier’ etwas. Denn es ist wichtig, was zu riskieren, auch wenn man nicht immer hundertprozentig weiß, ist das jetzt gut, ist es noch okay. Weil man die Leute nur so aus ihrer Komfortzone holen kann. Dazu kommt, dass ich für meine Sachen brenne, dass ich da auch als Person dahinterstehe – und diesen Antrieb brauche ich als Filmemacherin. Wobei das nicht heißen soll, dass ich nicht kritikfähig wäre.

Wie wenn man statt eines Romans eine Novelle schreibt – alles drin, aber extrem verdichtet: Wittmann-Kurzspielfilm „Das Schwellenland“

Ihr Film erzählt die Geschichte einer Begegnung – oder besser einer Konfrontation?

Es geht darum, dass Tara, eine junge Afghanin, die seit mehreren Jahren in Deutschland lebt und sich für Kinder in Not engagiert, Geld für eine Unterkunft sammelt. Sie geht von Tür zu Tür und trifft dabei auf Claudia, eine ältere Frau, für die sofort klar ist, dass jemand wie Tara, die „so aussieht“, sie eh nur abzocken will. Claudia agiert sehr voreingenommen und stereotypisierend. Aber dann entsteht im Grunde gegen den Willen der beiden eine Situation, in der sie sich mehr miteinander auseinandersetzen wollen. Ohne dass über das Thema geredet wird, um das es hier geht – die Frage der Kulturen, die Begegnung und wer bist du und wer bin ich und wie stehen wir zueinander – sieht man, dass sie im Gespräch zueinander finden. Weil wir alle gleich sind, nur auf verschiedene Art und Weisen. Weil wir Ähnliches erlebt haben und an ähnliche Sachen anknüpfen können. Das war mir wichtig. Dabei …

Ja?

… ist „Das Schwellenland“ kein moralischer Film, so mit erhobenem Zeigefinger nach dem Motto, dass man Ausländer doch bitte so behandeln soll wie man selbst im Ausland behandelt werden möchte. Es geht mir bei dem Film auch nicht um Mitleid –  mit dem „armen Mädchen“, der armen Geflüchteten -, sondern um Offenheit und um Aufmerksamkeit, weil ich auch die andere Seite zeigen will. Nämlich: Wie ticken eigentlich Leute, die so komplett konservativ und oft auch rassistisch agieren wie Claudia? Auch die wollte ich mit dem Film ansprechen und auch das nicht belehrend, sondern auf eine Weise, die einfühlsam auf beide Seiten zugeht – weil im Publikum sitzen, glaube ich, auch immer beide Seiten. Ich wollte, dass die nach dem Film aufeinander zugehen können und sagen können: Okay, niemand hat sich da jetzt beleidigt gefühlt oder ermahnt, was besser zu machen. Ich wollte, dass das einfach nur ein offener, objektiver Film ist, der sagt: Redet doch miteinander! Es kann was Schönes dabei herauskommen …

Sie sind in Landshut geboren, gedreht haben Sie in Straubing. Hat der Film etwas mit Ihrer persönlichen Erfahrungswelt zu tun?

Es geht mir nicht darum, Straubing als unendlich konservativ oder voreingenommen darzustellen. Aber es ist halt eine Stadt in Niederbayern und ich glaube, dass viele Leute eine ganz bestimmte Vorstellung davon haben, wie die Menschen hier ticken, mit ihrem Dialekt, mit ihrem Grantlertum usw. An dieses Klischee knüpfe ich an – ich komm’ ja selber aus Salching, einem Dorf in der Nähe von Straubing, und meine Eltern wohnen da – aber der Film zeigt eben auch die andere Seite. Nämlich dass die Menschen da durchaus herzlich sein können, nur halt auf diese raue, bayerische Art. Das war mir wichtig, weil mir diese Kultur schon auch am Herzen liegt. 

„Das Schwellenland“ ist kurz. Ein Kurzspielfilm. Alles passiert in 25 Minuten! Ist das wie wenn man statt eines Romans eine Novelle schreibt: Alles drin, aber extrem verdichtet?

Ich glaube, das ist ein guter Vergleich. Und ich denke, die kurze Form tut Geschichten oft auch gut. Wir hatten am Ende im Schneideraum so viel Material, dass wir daraus auch locker einen Spielfilm hätten machen können! Auch der Stoff hätte so viel mehr her gegeben: Man hätte mehr über Tara erzählen können, ihren Background in Afghanistan, die Hintergründe ihrer Flucht. Und sicher wär’s auch spannend gewesen, zu gucken, warum Claudia so geworden ist wie sie ist, woher all die Verhärtungen kommen. Beim Schreiben war’s jedenfalls schwer, nicht länger zu werden (lacht). Trotzdem, glaube ich, funktioniert der Film vor allem deshalb, weil er sich komplett auf eine Situation fokussiert.

Vielleicht ist das ja auch näher an der gesellschaftlichen Realität, in der ein Mehr an Begegnung mit Migrant:innen, mehr als ein kurzer, meist unfreiwilliger Kontakt nicht vorgesehen ist – oder vielleicht auch gar nicht gewünscht?

Den Eindruck könnte man haben! Aber wenn es so ist, dann aus Angst vor dem Fremden, was der Film ja auch zeigt. Oder aus Angst davor, dass man in eine Situation gerät, in der man sich rechtfertigen muss für die Art und Weise, wie man lebt und wie man was macht. Wenn man mit dem Fremden konfrontiert wird, bekommt man ja immer auch den Spiegel vorgehalten – und das kann dazu führen, dass es zu Auseinandersetzungen kommt oder dass eventuell auch die eigene Identität hinterfragt werden muss. Genau darin liegt aber auch die Hoffnung: Dass einem das unbekannte Fremde mit der Zeit vertrauter wird.

Migration ist spätestens seit 2015 ein Dauerthema in Deutschland. Wir reden ständig über Migrant:innen. Aber so gut wie nie mit ihnen. Wie kann das sein?

Gute Frage! Es kommt ja noch dazu, dass viele Migrant:innen wirklich gut Deutsch können, so dass es eigentlich auch keine Sprachbarriere gibt. Möglicherweise liegt es an den monetären Möglichkeiten, dass wir uns in ganz anderen Kreisen bewegen, dass wir also (beispielsweise) nicht da einkaufen, wo die Leute, die zu uns kommen, einkaufen. Auf der anderen Seite gibt es schon Möglichkeiten, sich zu begegnen, wenn man das will – wie etwa im Regensburger „Sprachcafé“. Da gibt’s Tische für unterschiedliche Sprachen und wer will und Spanisch kann oder Kontakte in die spanische Community knüpfen will, setzt sich einfach zu den Leuten am spanischen Tisch, um mal ein Beispiel zu nennen. Es sind, glaube ich, tatsächlich die sozialen Kreise, die uns auseinander treiben. Oder auch die Freizeitaktivitäten. Ich weiß nicht, ob jemand, der gerade versucht, sich hier eine Existenz aufzubauen, für 20 Euro ins Kino gehen oder Essengehen würde. Was schade ist. Was aber, glaube ich, durch kulturelle Angebote aufgeknüpft werden könnte.

Ihre Darstellerinnen, Jasmin-Nevin Varul als Tara und Doris Buchrucker in der Rolle der Claudia, sind ein Glücksfall für Ihren Film, ein Dreamteam – oder wie würden Sie’s beschreiben?

Definitiv! Vor allem Jasmin, die in Deutschland geboren ist, aber einen multinationalen Background hat, türkische und iranische Wurzeln glaube ich, hat viel von ihren alltäglichen Erfahrungen mit eingebracht – Geschichten, die 1:1 das widerspiegeln, worum es im Film geht. Und Doris? Ich würd’ nicht sagen, dass sie mit ihrer Persönlichkeit an die Rolle der Claudia anknüpft, aber sie konnte das einfach sehr gut ausdrücken. Ich kannte sie auch schon von einem HFF-Dreh, wo ich mitgearbeitet hab’, deshalb war ich froh, dass sie dann auch zugesagt hat! Wir konnten ja keine Gagen zahlen. Das Sponsoring hat gerade mal für Essen und Unterkunft gereicht. Insofern war’s schon toll, dass beide mitgemacht haben – Jasmin hat ja auch ihre Verpflichtungen am Staatstheater Darmstadt. Aber was bei beiden eine große Rolle gespielt hat, war die Message des Films, das haben sie auch gesagt: Dass sie dahinter stehen und unbedingt wollen, dass die Leute diesen Film zu sehen bekommen. 

Darstellerin Jasmin-Nevin Varul: „Erfahrungen, die 1:1 das widerspiegeln, worum es im Film geht“ © Carolin Wittmann

Es ist traurig, manchmal komisch, dann wieder total schockierend zu sehen, wie sich Tara und Claudia im Film aneinander abarbeiten. Diese Dynamiken, die da entstehen – waren die für Sie beim Dreh jederzeit kontrollierbar?

Innerhalb der Takes muss man die Schauspieler natürlich machen lassen. Aber wenn ich dann sage: „Okay, danke, aus“ kann man nochmal ein bisschen Feedback geben. Bis zu einem bestimmten Punkt ist dann auch alles nach Plan gelaufen. Oft haben die beiden eine eigene, individuelle Note mit rein gebracht, aber in so ner Variation, dass es immer noch das Gleiche ausgesagt hat. Wir haben tatsächlich alle denselben Film gemacht – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Das kann man nicht immer so vermitteln. In der Endszene ist es dann aber zwischen den beiden so intensiv geworden, das hätte ich nie im Leben gedacht.

Doris Buchrucker als Claudia: „Wie ticken eigentlich Leute, die so komplett konservativ und oft auch rassistisch agieren?“ © Carolin Wittmann

Es ist das Wunder dieses Films, wie hier neben all dem Trennenden auf einmal das Verbindende sichtbar wird. Haben Sie eine Ahnung, wieviele deutsche Soldaten in Afghanistan ums Leben gekommen sind? Ich weiß es nämlich nicht.

Ich auch nicht. Leider. Ich hab’ viel dazu recherchiert und man muss da, glaube ich, auch viel über Spätfolgen reden, über Traumata, Suizide …

Was aber nicht passiert.

Was auch wieder mit fehlender Offenheit zu tun hat …

Oder mit konsequentem Beschweigen. Ist es das, was Deutschland in Ihren Augen zum „Schwellenland“ macht?

So ist das gemeint, ja. Wir mögen ein reiches Erste Welt-Land sein und anderen unendlich viel voraushaben. Aber gleichzeitig gibt es bei uns diese enormen Defizite im Zwischenmenschlichen. „Das Schwellenland“ ist ein Appell für mehr Verständigung. 

Der Film ist bisher vor allem auf Festivals gelaufen.

Ja, und es kommen auch noch einige! Wir sind bei Flimmern und Rauschen in München, wir sind hier bei der Regensburger Kurzfilmwoche und beim Landshuter Kurzfilmfestival. Auch im Sommer werden wir den Film auf mehreren Festivals zeigen. Und wir haben tatsächlich auch schon Preise gewonnen – zum Beispiel beim Mannheimer Arts and Film Festival in der Kategorie Beste Regie Kurzfilm und Best Discrimination und Equality Film. Beim Berlin Short Film Festival haben wir den Newcomer-Preis Best New Filmmaker bekommen und beim Berlin Indie Film Festival den Preis für den Best War Film

„Wellen geschlagen in einem Ausmaß, wie ich mir das nicht erträumt hätte“: Carolin Wittmann über ihren ersten Film © Theodor Kossakowski

Sie sagen das so. Aber ist es „normal“, dass der Debütfilm einer jungen Filmemacherin derart durch die Decke geht?

Gut, ich kenn’ jetzt nicht so viele (lacht). Und wir sind jetzt auch schon wieder in acht official selections bei acht Filmfestivals, die aufs kommende Jahr verstreut laufen. Selbst das Feedback von Leuten, die dafür bekannt sind, dass sie hart mit Filmen ins Gericht gehen können, ist positiv – aber dass die Leute bewegt sind, dass der Film auch in der Kulturbranche Anklang findet, war ja das Ziel. Ich bin auch schon mit Straubinger Schulen im Austausch, könnte mir vorstellen, den Film als Unterrichtsmaterial bereit zu stellen, also dass man sagt, man kann im Religions- oder Geschichtsunterricht darüber reden. Der Film hat auf jeden Fall Wellen geschlagen in einem Ausmaß, wie ich mir das nicht erträumt hätte – und das ist wirklich schön und ich werd’ da auch weiterhin alles tun, um rauszuholen, was drinsteckt.

Es gibt auch schon ein neues Projekt …

„COMA“, ja, das mache ich wieder mit nem ähnlichen Team wie bei „Schwellenland“. Kameramann ist wieder Theodor Kossakowski. Allerdings drehen wir diesmal komplett auf analog, das heißt auf Film, schwarzweiß, das wird Felix Albrecht von Cinefilm Solutions übernehmen, der auch Beleuchter bei „Schwellenland“  war. Das Drehbuch schreibt Jonas Wozniak, Regie führ‘ ich.

Worum geht’s?

Protagonist ist ein Mann, der total erschöpft aus Überarbeitung ins Koma fällt. Bisher ist er rastlos einem Ziel hinterher gejagt, das er nie haben konnte, was irgendwann auch zu Schwierigkeiten in der Familie führt, die ihm entgleitet – und jetzt geht’s für ihn darum, sich durch das Koma wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Diesen Prozess wollen wir versuchen filmisch darzustellen. Das wird alles ein bisschen experimenteller diesmal – bis hin dazu, dass wir eben versuchen, das alte Medium des analogen Films zu bewahren, auf das vor allem Felix so schwört, obwohl mit Film zu arbeiten natürlich ein kostspieliger, komplizierter Prozess ist. „COMA“ ist insofern auch eine Hommage an diese althergebrachte Technik, ein kurzer Film, zwei Rollen, fünf bis sieben Minuten lang, in denen man aber schon sehen kann, was man aus dieser Technik herausholen kann, die ja auch wahnsinnig hochauflösend ist. 

Carolin Wittmann, Jahrgang 2000, geboren in Landshut, aufgewachsen in Salching in der Nähe von Straubing, studiert Medienwissenschaften in Regensburg und schreibt gerade ihre Bachelor-Arbeit („Die kulturelle Konstruktion einer bayerischen Identität in Fernsehserien seit 2010“). Gleich nach dem Abitur am Straubinger Ludwigs-Gymnasium sucht sie die Nähe zum Film, jobbt später auch in den Semesterferien u.a. in den Bavaria Film Studios. Das Geld, das sie in dieser Zeit verdient, "geht meistens schon für die Unterkunft in München drauf", aber das nimmt sie in Kauf, denn sie hat "keine Lust nach dem Studium als Praktikantin dazustehen". Wittmann ist eine Frau mit vielen Talenten. 2021 nimmt sie am Bundeswettbewerb Lyrik teil und fährt als eine von zwölf Jahressieger:innen zur Preisverleihung nach Berlin. Was sie macht, macht sie professionell: Obwohl es ihr erster Film ist, dreht sie "Das Schwellenland" mit einer geliehenen Sony Venice Kamera, wie sie auch in Hollywood zum Einsatz kommt. Das Ergebnis: ein in jeder Hinsicht, auch handwerklich, außergewöhnlicher Film