Faschistoide Fantasien von AfD-Politiker:innen, Neonazis und finanzkräftigen Unternehmern, wonach Millionen Menschen deportiert werden sollen, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben, haben in Deutschland Massenproteste ausgelöst. Enthüllt hatte die Pläne die Rechercheplattform CORRECTIV. Die hat nun nicht nur ihre redaktionellen Protokolle, sondern auch den Text eines vom Berliner Ensemble mit dem Wiener Volkstheater entwickelten Stücks geteilt, das auf den Protokollen basiert – „um die Debatte weiterzutragen“, wie es heißt, was wir gern tun. Hier der Text zum Nachlesen
„GEHEIMPLAN GEGEN DEUTSCHLAND“
Text: Lolita Lax, Jean Peters, Kay Voges
SZENE 1 – GASTGEBER
(Es ist Einlass. Auf der Bühne stehen links und rechts jeweils ein Rednerpult. In der Mitte eine Tafel, die von mehreren Concierges gedeckt wird. Der Einlass geht zu Ende und die Türen gehen zu.)
CONCIERGE 1
Sehr verehrte Damen und Herren, hallo! Ich möchte Sie herzlich zum dies- jährigen Düsseldorfer Forum begrüßen. Hier im wunderschönen Landhaus Adlon am Lehnitzsee in Potsdam.
CONCIERGE 2
Einige von Ihnen haben einen langen Weg hinter sich. Sie kommen aus ganz Deutschland, teilweise sogar aus Österreich. Wir hoffen, dass Sie auf dem Weg hierher nicht zu viele Umstände in Kauf nehmen mussten, um zu uns nach Potsdam zum Düsseldorfer Forum zu gelangen.
CONCIERGE 1
Warum das Düsseldorfer Forum „Düsseldorfer Forum“ heißt, das wissen wir ehrlicherweise auch nicht ganz genau. Was wir wissen, ist, wer dazu eingeladen hat. Und deswegen bitte ich an dieser Stelle um einen riesigen Applaus für unsere beiden Gastgeber:
Die Herren Dr. Gernot Mörig und Hans Christian Limmer!
(Applaus der Concierges. Bilder der beiden werden projiziert.)
CONCIERGE 2
Gernot Mörig, hier links im Bild, war Zahnarzt in Düsseldorf. Er ist der Sohn von Wilhelm Mörig, einem ehemaligen SA Truppführer, der bereits 1932 Mitglied der NSDAP gewesen ist. Auf dem Entnazifizierungsvermerk von Vater Wilhelm Mörig, ist vermerkt: „ist für den Öffentlichen und Halböf- fentlichen nicht tragbar. Nur einfache Tätigkeit in untergeordneter Stellung erlaubt.“ Mitte der 70er Jahre, amtierte unser Gastgeber Gernot Mörig als Bundes- führer des „Bundes Heimattreuer Jugend“. Das ist ein rechtsextremer Verband, dessen Nachfolgeorganisation 2009 verboten wurde – wegen ihrer Neonazi Programmatik. Die waren so rechtsextrem, dass der ehemalige AfD-Vorsitzende in Brandenburg, Andreas Kalbitz, aus der AfD aus- geschlossen wurde, eben weil er auf einem Lager von denen gesehen wurde. Gernot Mörig ist also in die Fußstapfen seines Vaters getreten und kommt aus Kreisen, die offiziell selbst der AfD zu rechts sind.
Und damit noch einmal einen Applaus für Dr. Gernot Mörig!
(Braver Applaus der Concierges)
CONCIERGE 1
Unser zweiter Gastgeber ist heute leider nicht persönlich anwesend. Wie wir alle wissen, genießt er seine Privatsphäre und ist ein Mann, der lieber unerkannt bleibt. Ja, tatsächlich hat er es geschafft sein Engagement für das, wofür sich hier eben engagiert wird, bisher nicht öffentlich werden zu lassen: Hans Christian Limmer.
Hans Christian Limmer hat die Kette „Backwerk“ groß gemacht und ist heute Gesellschafter bei der Burgerkette „Hans im Glück“. Ein namhafter Investor, ein reicher Mann und einer, der Sachen möglich macht – so wie hier heute das Düsseldorfer Forum.
Auch Hans Christian Limmer kommt aus einer traditionsreichen Familie. 2005 ging eine Gedenkstätte für gefallene Deutsche im zweiten Weltkrieg in den Besitz der Familie über. Vater, Mutter und Sohnemann Hans Christian verwalteten daraufhin diese Gedenkstätte in Borna, die zeitweise ein Treff- punkt für das Who-is-Who der Neonazi Szene gewesen sei.
CONCIERGE 2
Von unseren beiden Gastgebern haben Sie Briefe erhalten. Einladungs-Brie- fe, direkt an Sie adressiert, um uns heute hier zusammenzubringen.
(Concierge 2 hält die Briefe in abgeschriebener Version, also nicht Originalfotos, hoch)
CONCIERGE 1
Das Düsseldorfer Forum ist schließlich ein exklusives Netzwerk. Hier kommt nicht jeder rein. Das hier ist ein Ort ausschließlich für Patrioten. Für Patrioten, die aktiv etwas tun wollen.
CONCIERGE 2
Und die Kernaufgabe des Düsseldorfer Forums liegt in der Akquise von Spenden.
CONCIERGE 1
Die Mindestspende für die Teilnahme am Düsseldorfer Forum liegt bei 5.000€. Das ist quasi das Eintrittsticket. Ein Studentenrabatt ist uns nicht überliefert.
CONCIERGE 2
Wobei – wenn jemand mit dem angegebenen Betrag hadert, so hat es Ger- not Mörig geschrieben – kann man sich auch noch einmal bei ihm melden.
CONCIERGE 1
So oder so – Bei den 5.000 € Eintrittsgeld soll es natürlich nicht bleiben. Denn eingeladen sind hier vor allem Vermögende und Unternehmer. Da geht schon noch etwas. Aber dazu später mehr.
CONCIERGE 2
Wichtig ist ja vielmehr die Frage: Wofür ist dieses Geld? Wofür sammelt das Düsseldorfer Forum?
CONCIERGE 1
Das Düsseldorfer Forum sammelt Spenden, um im Geheimen rechtsextreme Bündnisse in Deutschland zu fördern.
(Ein lautes Buzzern. Rotes Licht. Concierge 3 tritt nach vorne.)
CONCIERGE 3
Stop Stop Stop! Das dürfen wir so nicht sagen. Das ist nicht belegt. Auch von meiner Seite herzlich willkommen und es tut mir leid, dass ich hier mal stören muss, aber das dürfen wir so nicht sagen.
CONCIERGE 2
Entschuldigung, wir sind doch auf einer Bühne, wir dürfen hier alles sagen.
CONCIERGE 3
Ja, aber das hier ist nicht irgendeine Veranstaltung im Berliner Ensemble. Das hier ist nicht die ,Dreigroschenoper‘.
CONCIERGE 2
Schade, die fand ich ganz gut.
CONCIERGE 3
Das ist nicht ‚Der Kaukasische Kreidekreis‘. CONCIERGE 2
Das fand ich eh bissel fad.
CONCIERGE 3
Und das hier ist erst recht nicht – Was spielt ihr hier noch?
CONCIERGE 1 Brechts Gespenster.
CONCIERGE 3
Das ist es auch nicht. Das hier ist eine Kooperation mit der investigativ-Re- daktion von CORRECTIV. Die folgen den höchsten journalistischen Stan- dards. Wir können hier also nicht einfach behaupten, dass das Düsseldorfer Forum Spenden sammelt, um im Geheimen rechtsextreme Bündnisse in Deutschland zu fördern.
CONCIERGE 2 (verweist auf die Briefe in seiner Hand)
Aber schau bitte hier doch mal, die schreiben das genau so! Das ist doch alles von der Kunstfreiheit gedeckt.
CONCIERGE 3
Na aber sie schreiben das halt eben nicht ganz genau so. Genau darin liegt ja die journalistische Arbeit. Machst du hier einen Fehler, hast du gleich einen Haufen Medienanwälte am Hals.
CONCIERGE 2
Und wie sollen wir das dann stattdessen ausdrücken?
CONCIERGE 3
Naja – ähm – wir können sagen: es scheint (!) als würde das Düsseldorfer Forum Spenden sammeln, um im Geheimen rechtsextreme Bündnisse in Deutschland zu fördern.
CONCIERGE 2 Es scheint?
CONCIERGE 3 Es scheint.
CONCIERGE 2
Alles klar, also – dann – ehm: es scheint (!) als würde das Düsseldorfer Forum Spenden sammeln, um rechtsextreme Bündnisse in Deutschland zu fördern.
CONCIERGE 1
Wie viele genau eingeladen wurden, das wissen wir nicht.
Was wir wissen: Dass zum Düsseldorfer Forum 2023 zwanzig bis dreißig Menschen anreisen.
CONCIERGE 2
Bereits am Vorabend der Veranstaltung sind einige Gäste eingetroffen. Ein weißer SUV aus Stade rollte auf den Hof, aus dem Fenster ballerte die Band Freiwild:
AUDIO Einspieler
„Wir, wir, wir, wir schaffen Deutschland.“
(Einblenden von Video mit SUV.)
CONCIERGE 1
Direkt daneben, stilecht, so ein NSU mäßiger Wohnwagen.
CONCIERGE 2
Doch der große Tag des Düsseldorfer Forums, das wird der kommende Tag. Der 25. November 2023. Und es ist ein verschneiter Morgen, als die Gäste sich im Landhaus Adlon in Potsdam versammeln.
SZENE 2 – CORRECTIV
(Wir sehen Video-Material der Auto-Cams. Concierge 4 und 5 betreten die Red- nerpulte. Concierge 1,2 & 3 setzen sich an die Tafel.
Noch während die Videos laufen:)
CONCIERGE 4
Warte mal, das ist doch der Martin Sellner. Der rechtsextreme Identitäre aus Österreich.
CONCIERGE 5 Jap.
CONCIERGE 4
Und das da, ist das nicht Ulrich Siegmund? Der AfD-Fraktionsvorsitzende aus Sachsen-Anhalt?
CONCIERGE 5 Jap.
CONCIERGE 4
Und hier?! Das ist doch Gerrit Huy, die Bundestagsabgeordnete für die AfD!
CONCIERGE 5 Jap.
CONCIERGE 4
Die gehen da gerade alle zum Düsseldorfer Forum?!
CONCIERGE 5 So ist es.
CONCIERGE 4
Hui… (Überlegt kurz.) Aber du?
CONCIERGE 5 Ja!?
CONCIERGE 4
Woher haben wir das?
CONCIERGE 5 Was?
CONCIERGE 4 (unauffällig auffällig auf die Videoprojektion verweisend) Na das.
CONCIERGE 5 Die Aufnahmen?
CONCIERGE 4 Ja!
CONCIERGE 5
Achso ja… das exklusive Düsseldorfer Forum, das war an jenem verschneiten Novembermorgen doch nicht ganz so exklusiv wie geplant.
CONCIERGE 4 Wie jetzt?
CONCIERGE 5
Naja… Journalist:innen von Correctiv waren mit dabei.
CONCIERGE 4 Da?
CONCIERGE 5 Jap.
CONCIERGE 4 Als ob.
CONCIERGE 5 Ja doch.
CONCIERGE 4
Moment, da ist ein geheimes Treffen von „Patrioten“, die sich ein Wochenende in einem Landhaus in Potsdam gönnen und dort ihre Geldbörsen zusammenstecken, um scheinbar rechtsextreme Aktivitäten zu unterstützen. Und Correctiv ist dabei?!
CONCIERGE 5
Ja. Es geht außerdem nicht nur darum Spenden zu sammeln. Das ist laut den Einladungen zwar Kernaufgabe des Forums. Aber für jede Leistung gibt es in der Regel ja eine Gegenleistung. Auf dem Forum für Patrioten soll ein so- genannter „Masterplan“ vorgestellt werden.
CONCIERGE 4
Was denn bitte für ein Masterplan?
CONCIERGE 5
Na, ich schätze mal für „Deutschland“.
CONCIERGE 4
Ein Masterplan für Deutschland von rechten Patrioten…
CONCIERGE 5
Naja, also Deutschland ist da aber nicht das Deutschland, wie wir es allge- mein verstehen. Die meinen nicht unbedingt den Rechtsstaat Deutschland. Sondern haben da wohl ein etwas anderes Verständnis.
CONCIERGE 4 Und zwar?
CONCIERGE 5
Na eher ein – völkisches.
CONCIERGE 4
Also – Deutsch sein als Rasse oder was?
CONCIERGE 5
So quasi, ja. Und der Staat ist nur ein Instrument, um eine „Rasse“ oder „Ethnie“, wie sie es in ihrem Nazi-Marketing-Sprech nennen, von anderen „Rassen reinzuhalten“.
CONCIERGE 4
Da sind also zwischen 20 und 30 Leute, die bereit sind 5.000 € Eintrittsgeld zu zahlen, um einen Masterplan zu entwerfen, für das, was sie als Deut- sches Volk begreifen?
CONCIERGE 5 Jap.
CONCIERGE 4
Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.
CONCIERGE 5
Den ersten Aufschlag für diesen Masterplan macht der Rechtsextreme Martin Sellner, den wir da eben gesehen haben. Das stand auch auf der Ein- ladung.
CONCIERGE 4
Und wenn es auf der Einladung stand, dann wussten es die Leute, die da kommen ja alle.
CONCIERGE 5
Ja genau, die wussten das.
CONCIERGE 4
Okay, sorry, aber nochmal langsam: Da wird von einem Rechtsextremen jetzt ein Masterplan vorgestellt. Da sind um die 30 Menschen aus Wirtschaft und Politik, die dafür sogar Geld zahlen! Und unter diesen Haufen „Patrio- ten“ haben sich die Correctiv Leute untergemischt?
CONCIERGE 5 Genau.
CONCIERGE 4 Glaub ich nicht.
CONCIERGE 5 Nicht?
CONCIERGE 4 Never.
CONCIERGE 5
Also würdest du auch nicht glauben, dass einer von denen eine Armbanduhr getragen hat und damit ein bisschen gefilmt hat?
CONCIERGE 4
Bruder, wir sind doch nicht bei James Bond.
CONCIERGE 5 Aufnahme ab bitte.
(Go Armbanduhr-Video in reduzierter Geschwindigkeit.)
CONCIERGE 5
Es ist etwas verwackelt, aber hier sieht man (vielleicht kurz Stop Video: Concierge benennt die Person) oder hier die Tafel, an der die Leute alle sitzen (wieder vielleicht kurz Stop Video).
CONCIERGE 4 What the fuck!
CONCIERGE 5
Achso und dazu kommt, dass im Foyer noch Flyer ausgelegt wurden. Hier:
(Go Bild Flyer Saunaschiff.)
CONCIERGE 5
Und so konnte man wunderbar, ohne dass es auffällt, beim See neben dem Adlon ein Saunaschiff anlegen lassen, wo sich eine Kamera mit Teleobjektiv drauf befand. Die Aufnahmen bitte.
(GO 2,3 Bilder vom Teleobjektiv.)
CONCIERGE 4
Da wurden also zwei Autos vor die Bude gestellt, ein fucking Schiff gecheckt und Leute, die wahnsinnig genug sind sich unter einen Haufen Faschos –
CONCIERGE 3 (schaltet sich von hinten ein) Ey!
CONCIERGE 4
Die haben Leute, die wahnsinnig genug sind sich unter einen Haufen „Pat- rioten“ zu mischen.
CONCIERGE 5 Yes.
CONCIERGE 4 (freudig erleichtert)
Ich wusste, dass James Bond echt ist…
CONCIERGE 3 (sitzt noch immer an der Tafel)
Worüber wir Ihnen heute hier erzählen, ist wahr. Das Düsseldorfer Forum hat stattgefunden. Und was dort besprochen wurde, ist – ehrlicherweise kaum in Worte zu fassen. Wir versuchen es trotzdem. Allerdings können viele Teile dieses Abends für einige verstörend sein – sehr verstörend. Aber Sie sind nun mal real. Sie haben stattgefunden.
(GO Bild Grundriss.)
CONCIERGE 5
Das hier ist der Grundriss des Landhaus Adlon. (Zeigt die Stelle) Hier hat sich ein Reporter von Correctiv eingemietet. Und in diesen Sälen fand das Düsseldorfer Forum statt. (Go Bild U-Tischordnung mit Beamer) Das hier ist der Saal, in dem Vorträge gehalten wurden. (Go Bild Tafel) Hier ist die Tafel, an der gespeist wurde.
Tauchen wir also ein: Ins Düsseldorfer Forum 2023.
(Vielleicht Lichtwechsel. Überbrückungsmusik. Bewegung im Raum. Go Video zu Cover-Bild der Recherche.)
SZENE 3 – ANWESENHEITSLISTE
(Concierge 1 hat eine Teilnehmerliste vor sich. Die Person spielt jetzt wirklich „Concierge“ bzw. „Oberkellner“. Concierge 4 schaut, ob wirklich alles gut ge- deckt ist.)
CONCIERGE 1
Gut. Gehen wir noch einmal die Anwesenheitsliste durch bitte.
CONCIERGE 4 (mit Blick auf die Tafel) Ja.
CONCIERGE 1
Du liest vor. Ich hake ab.
(Immer wenn jetzt ein Name + Funktion vorgelesen wird, dann erscheint ein Bild von der Person und morpht auf einen Platz auf der Leinwand. Am Schluss entsteht so ein Bild des gesamten Vereins, der da versammelt ist, sortiert nach benannten Gruppen wie „AfD“ / „WerteUnion“ etc.)
CONCIERGE 4 (schaut auf die Tischschildchen)
Gernot Mörig, ein Zahnarzt im Ruhestand aus Düsseldorf
CONCIERGE 1 Jap.
CONCIERGE 4
Friedrich Arne Mörig, Sohn von Gernot Mörig
CONCIERGE 1 Check.
CONCIERGE 4
Was heißt das Durchgestrichene?
CONSIERGE 5
Darfst den Namen nicht sagen.
CONCIERGE 4
Ah okay. Also: Die Frau von Gernot Mörig
CONCIERGE 1 Abgehakt.
CONCIERGE 4
Martin Sellner, ein rechtsextremer Aktivist aus Österreich.
CONCIERGE 1 Jup.
CONCIERGE 4
Alexander von Bismarck.
CONCIERGE 1
Ist das ein Nachfahre von Reichskanzler Bismarck?
CONCIERGE 4
Ne nicht ganz, also er kommt aus der Döbbelin-Linie und der Kanzler aus der Schönhausen-Linie und diese Linien sind schon vor Jahrhunderten –
CONCIERGE 4
Alles klar. Dann: Ein IT-Unternehmer und Blut-und-Boden-Nazi.
CONCIERGE 1
Sag den Namen bitte.
CONCIERGE 4
Hier steht nur: Ein IT-Unternehmer und Blut-und-Boden-Nazi.
CONCIERGE 1
Ah gut, dann ist der auch nicht von gesellschaftlichem Interesse. Damit hat er ein Anrecht auf Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte. Weiter.
CONCIERGE 4
Ein Neurochirurg aus Österreich.
CONCIERGE 1
Alter. Kein Name, kein Gesicht.
CONCERIGE 4
Aber komm, das ist zu witzig, dass er ausgerechnet so eins von sich im Netz hat.
(Wir sehen ein Foto von Henning Pless.)
CONCIERGE 4
(Rollt die Augen) Henning Pless, rechtsextremer Heilpraktiker und Esoteri- ker.
CONCIERGE 1 Yes.
CONCIERGE 4
Mario Müller, ein rechtsextremer Schläger.
CONCIERGE 1 Hab ich.
CONCIERGE 4
Ein junger „Identitärer“.
CONCIERGE 1 Noch einer?
CONCIERGE 4
Ja. Ehrlich gesagt noch ein paar glaub ich.
CONCIERGE 1 Alles klar.
CONCIERGE 4
Gut, dann haben wir zwei Leute, die von der WerteUnion sind.
CONCIERGE 1
Was ist das nochmal?
CONCIERGE 4
Die WerteUnion ist ein eingetragener Verein, der beansprucht einen „kon- servativen Markenkern“ der CDU und CSU zu vertreten.
CONCIERGE 1
Sind das nicht die, die jetzt darüber abstimmen, ob sie mit Hans Georg Maa- ßen eine Partei gründen.
CONCIERGE 4 Ja genau.
CONCIERGE 1
Gut, wen haben wir denn da?
CONCIERGE 4
Einmal Simone Baum, Vorstand der WerteUnion NRW & Michaela Schnei- der, stellvertretender Vorstand, auch vom Landesverband NRW.
CONCIERGE 1 Wunderbar.
CONCIERGE 4
Dann ist hier noch Silke Schröder vom Verein Deutsche Sprache.
CONCIERGE 1
Verein Deutsche Sprache?
CONCIERGE 4
Achja.. die versuchen über Genderkritik im bürgerlichen Milieu zu fischen und die Leute dann mit nach rechts zu ziehen.
CONCIERGE 1 Jupp.
CONCIERGE 4
So, dann Ulrich Vosgerau, Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius Erasmus Stiftung.
CONCIERGE 1 Hab ich.
CONCIERGE 4
Und last but not least die Anwesenden der AfD.
CONCIERGE 1 (schaut auf die Länge der Liste, zählt vielleicht kurz) Hui…
CONCIERGE 4
Genau, Gerrit Huy, Bundestagsabgeordnete.
Dann Ulrich Siegmund, Fraktionsvorsitzender AfD Sachsen-Anhalt. Tim Krause, Vorsitzender im Kreis Potsdam.
Und Roland Hartwig, rechte Hand der Parteichefin Alice Weidel.
CONCIERGE 1
Rechte Hand der Parteichefin Alice Weidel? Wow! Passt. Was ist mit dem Rest?
CONCIERGE 4
Naja, wir können jetzt nicht alle vorlesen. Die Wichtigen sind dabei. Aber wir müssen auch die Quellen von Correctiv schützen.
CONCIERGE 1
Achso die haben noch einen Informanten aus dem inneren –
CONCIERGE 4 (unterbricht) Pscht. Quellenschutz.
CONCIERGE 1
Hä – Moment, aber wir haben den Namen doch schon –
CONCIERGE 4 (unterbricht) Pscht!!
CONCIERGE 1
Naja, ist auf jeden Fall eine illustre Runde. Mindestens 3 Neo-Nazis, einige Unternehmer, 2 aus der WerteUnion und mindestens 4 Offizielle der AfD.
(Concierge 2 klingelt mit einer Handklingel.)
CONCIERGE 4
Bereit machen, es geht los!
(Übergangsmusik zu Szene 4)
SZENE 4 – ERÖFFNUNGSREDE
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig) Meine lieben Patrioten,
ich bin die Bühnenfigur Gernot Mörig und heiße euch noch einmal ganz herzlich willkommen. Was ich jetzt hier sage, das habe ich wortwörtlich nicht so gesagt. Aber einige Begriffe und Ausdrücke, die konnten durch Gedächtnisprotokolle überliefert werden. Das war wichtig, damit das Ausmaß meiner faschistischen Sprache zu Geltung kommt. Okay. Also:
Schön, dass ihr da seid. Wenn ich ehrlich bin, ich hatte gehofft, dass wir noch mehr werden. Ich habe viele Absagen bekommen – aus verständlichen Gründen, teilweise zumindest. Es haben spontan nochmal einige abgesagt. Schade. Aber meine Frau hat gesagt, ich soll nicht immer so negativ sein, deswegen: wichtig ist, dass wir heute hier sind. Einige von euch kennen sich schon aus unseren früheren Treffen. Andere werden sich noch kennenler- nen.
Für alle, die mich noch nicht kennen: Ich bin seit meinem sechsten Lebens- jahr dabei. Und es ist mir egal, was ihr dabei versteht – ob rechts, alternativ, Nationalsozialist, ist mir egal, wirklich.
Ich genieße dabei das Privileg, dass auch meine Eltern dabei gewesen sind. Auch meine vier Geschwister sind dabei. Naja und dann ist da noch meine Frau, die Astrid – Hallo, mein Schatz – und die Astrid, die ist auch dabei. Genauso wie unsere vier Kinder. Aber nicht nur das. Unsere Kinder sind auch noch alle vier aktiv! Und dann haben wir ein nochmal großes Glück, dass unsere Schwiegerkinder auch alle aktiv sind. Das ist alles nicht selbstver- ständlich und ich weiß das wirklich zu schätzen.
Ich selbst bin Zahnarzt gewesen. Davor war ich Zahntechniker. Und es haben immer alle gedacht: Das ist die Bestimmung von der Bühnenfigur Gernot Mörig, das ist seine Lebensaufgabe. Aber die haben sich geirrt. Alle. Denn meine Lebensaufgabe, das ist die Familie und meine Lebensaufgabe ist: das Volk.
(Pause.)
Was wir hier machen, das ist Netzwerk. Wir sind ein Kreis niveauvoller Faschisten.
CONCIERGE 3 Ey!
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig) Aber das steht hier doch!
CONCIERGE 3
Willst du verklagt werden?
CONCIERGE 2
Okay, dann halt so: Wie sind ein Kreis niveauvoller Patrioten.
Wir bringen Menschen zusammen, die richtig etwas bewirken können. Wenn ich sage Netzwerk, dann sehe ich mich auch in einer großen Verant- wortung.
Ich selbst bin in Teilen der Antifa bereits bekannt. Das ist sehr unangenehm. Wirklich. Weil: Die machen einem schon Probleme. Und deswegen war es mir so wichtig, dass heute hier alles sicher ist. Bitte, ich bitte euch da wirk- lich sehr drum, benutzt nicht eure Handys. Wenn ich das schon sehe, wie Sie da vorne auf dem Handy rumtippen, da sind überall tausende von Mikros dran, ehrlich. Da ist die Antifa quasi vorinstalliert. Deswegen lief auch alles nur postalisch. Weil bei Whatsapp, Telegram, das ist nicht sicher.
Aber gut. Hier sind wir – sicher.
CORRECTIV-REPORTER:IN (kommt herein. Mit einer fetten Armbanduhr.) Entschuldigung, gibt’s hier Kaffee?
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig) Bitte?
CORRECTIV-REPORTER:IN Kaffee. Ich hätt gern einen Kaffee.
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig) Entschuldigen Sie, aber Sie stören hier. Bitte gehen Sie.
CORRECTIV-REPORTER:IN Kein Kaffee?
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig, entschieden:) Nein!
CORRECTIV-REPORTER:IN Okaay, sooorry. Tschüsseldorf!
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig, entschieden:)
Also, wo war ich. Ja, also ich freue mich, dass wir hier Offizielle aus der AfD mit dabei haben, aber auch welche, die sich in der CDU engagieren. Damit die Brandmauer endlich fällt. Das ist super. Und danke auch, dass viele schon so toll gespendet haben. Ihr wisst Bescheid, ihr könnt meiner Astrid einfach ganz dezent eure Briefumschläge zustecken oder auf unser neutra- les Konto überweisen. Genau. Gut. Dann möchte ich jetzt zum Masterplan kommen.
Einige von euch haben mir geschrieben, dass wir einen Masterplan brau- chen und da dachte ich mir, wer könnte denn da einen Aufschlag machen? Da gibt’s doch keinen besseren als – da kriege ich tatsächlich etwas Gänse- haut – als dich, lieber Martin.
Martin Sellner muss ich niemandem vorstellen. Martin wird heute über den Begriff der Remigration sprechen. Denn – und das ist mir wirklich wichtig noch einmal zu betonen: Alles andere – die Haltung zu Corona-Maßnahmen und Impfungen, die Frage der Ukraine und Israel – all das sind Streitpunkte, die uns in der Rechten spalten. Aber die einzige Frage, die uns zusammen- führt, ist eben die Frage der Remigration: „ob wir als Volk im Abendland noch überleben oder nicht“.
SZENE 5 – SELLNER
CONCIERGE 1
Martin Sellner tritt nach vorn. Sein Begriff der „Remigration“, der klingt abstrakt und bürokratisch. Das Konzept dahinter, das erklärt er ungefähr so. Bühnenfigur Martin Sellner, bitte:
(GO Videowechsel zu Tele-Objektiv Aufnahme von Sellner.)
CONCIERGE 5 (steht mittlerweile am Pult. Als Bühnenfigur Sellner:)
Es gibt drei Zielgruppen der Migration, die Deutschland verlassen sol- len. Drei Zielgruppen von Ausländern, deren Ansiedlung rückabgewickelt werden muss: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und – das größte Problem – nicht assimilierte Staatsbürger.
CONCIERGE 3
Okay, stopp mal kurz.
CONCIERGE 4
Jetzt hör doch mal auf immer zu –
CONCIERGE 3
Ne Leute sorry. „Nicht assimilierte Staatsbürger“?! Habt ihr sie noch alle?!
CONCIERGE 5
Na, aber das ist der Begriff, den er verwendet.
CONCIERGE 3
Na und? Das müssen wir doch nicht reproduzieren, diesen Nazi-Sprech hier. Damit geben wir deren Propaganda doch nur mal wieder Raum! Es gibt kei- ne „nicht assimilierten Staatsbürger“. Das ist einfach nur ein Kampfbegriff.
CONCIERGE 2
Ja natürlich. Aber genau das ist doch der Punkt. So funktionieren die! Hier wird über Sprache – also auf kultureller Ebene – das Staatsrecht von Menschen in Frage gestellt. Und wir erfinden das ja nicht. Diesen Begriff verwendet Sellner auch eins-zu-eins in seinem Buch „Regime Change von Rechts“.
CONCIERGE 5
Wenn wir die Tragweite dessen, was beim Düsseldorfer Forum passiert ist, begreifen wollen, dann müssen wir da genau sein. So grauenvoll und furcht- bar das auch sein mag.
CONCIERGE 3 (findet vor lauter Verachtung für diese Sprache kaum die richtigen Worte)
Das ist so… Das ist einfach nur…
CONCIERGE 5
Ist okay, wenn ich weitermach?
(CONCIERGE 3 nickt.)
CONCIERGE 5 (wieder als Bühnenfigur Sellner)
Das rechte Hauptziel ist die Bewahrung ethnokultureller Identität und Substanz.
CONCIERGE 3
Na dann sag’s jetzt auch richtig: Du meinst, die Bewahrung der Rassen.
CONCIERGE 5
Ja klar meint der das. Aber der ist eben aus der Nazi-Marketingabteilung. Deswegen sagt er Ethnie, Identität und so weiter. Also. Darf ich weiter?
(CONCIERGE 3 nickt.)
CONCIERGE 5 (wieder als Bühnenfigur Sellner)
Damit wir es schaffen den Bevölkerungsaustausch aufzuhalten, ist eine radikale Wende notwendig. Dafür muss man die Politik der Remigration anwenden. Von lateinisch „re“ also „zurück“ und „migrare“ „übersiedeln“. Zurück übersiedeln. Bestehende Staatsbürgerschaften sollten dafür einer Revision unterzogen werden, damit Menschen, denen leichtfertig ein deut- scher Pass gegeben wurde, zurückgesiedelt werden können. Dazu gibt es ja zum Glück bereits Konzepte rechter Parteien und Bewegungen.
CONCIERGE 2 (journalistisch)
Also übersetzt bedeutet das: Es geht um die Vorbereitung einer millionenfa- chen Vertreibung. Remigration bedeutet Vertreibung. Höcke hat bereits 2018 angemerkt, dass „Neben dem Schutz unserer nationalen und europäischen Außengrenzen ein groß angelegtes Remigrationsprojekt notwendig sein würde.“ Eine Nähe zwischen Sellner und Politikern der AfD ist dabei schon länger zu beobachten.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Hier der Kollege von euch, liebe AfD-ler, euer Spitzenkandidat Maximilian Krah, der hat darüber in seinem Büchlein auch geschrieben. Das Büchlein wird in unserem super guten Verlag übrigens im Doppelpack mit meinem Buch angeboten. Aber ihr könnt auch einfach nur mein Buch kaufen, das ist eh besser.
Was allerdings schon ganz gut am Maximilian Krah seinem Büchlein ist, ist, dass er mal gerechnet hat wie viele Menschen wir denn in Deutschland remigrieren könnten. Das wären insgesamt – Sekunde, ich hab‘s hier – 25 Millionen Menschen. Davon 15 Millionen deutsche Staatsangehörige. (Selbst etwas erschrocken von der Zahl.) Joa.. Das sind – ehm – viele.
CONCIERGE 1 (als Silke Schröder) Ja eben, wie soll das denn gehen?
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Hm?
CONCIERGE 1
Na, Herr Sellner, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich darf mich vorstellen: Silke Schröder, Verein deutsche Sprache. Ich habe inhaltlich keine grund- sätzliche Kritik an der Idee. Aber – Wie soll das gehen? Sobald ein Mensch einen deutschen Pass hat, ist das ja ein Ding der Unmöglichkeit?!
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Man muss halt einen hohen „Anpassungsdruck“ auf die Menschen ausüben.
CONCIERGE 4 (als Bühnenfigur Ulrich Siegmund)
Also wir in Sachsen Anhalt wollen‘s diesen Leuten einfach unattraktiv machen da zu leben. Wir setzen ausländische Restaurants unter Druck und setzen darauf, dass sich das Straßenbild ändert.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Lieber AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund, das halte ich für sehr sinnvoll. Aber Remigration ist dann schon etwas größer gedacht. Das geht nicht auf die Schnelle, das ist ein Jahrzehnteprojekt. Und was es dafür braucht, um auch deutsche Staatsangehörige zu remigrieren, sind: Maßge- schneiderte Gesetze.
CONCIERGE 3 (als Bühnenfigur Gerrit Huy)
Na gut, aber das ist ja auch nichts Neues, nicht wahr Herr Sellner?
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Wie meinen Sie das?
CONCIERGE 3 (als Bühnenfigur Gerrit Huy)
Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Gerrit Huy und ich bin Bundestags- abgeordnete für die AfD.
(GO Video Portrait von Gerrit Huy.)
ALLE ANDEREN CONCIERGES Was?
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Na tschuldigung! Ich bin eine Schauspielerin, die jetzt die Figur Gerrit Huy spielt. Und diese Figur Gerrit Huy, die ist Bundestagsabgeordnete der AfD. Und ich hab jetzt mal was zum Sagen bitte. Also: Das Konzept der Deporta- tion.
CONCIERGE 5 (verbessert als Bühnenfigur Sellner) Remigration.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Hm? Achso ja. Also das Konzept der Deportation –
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Remigration.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Mein ich ja. Also dieses Konzept – ja. Das habe ich schon mitgebracht ja, als ich, also, als ich vor sieben Jahren in die Partei angetreten bin.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Eingetreten.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Eingetreten bin. Wir haben ja mittlerweile 50% Migranten in Deutschland.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Es ist eher ein Viertel, Bundestagsabgeordnete.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Wie auch immer. Auf jeden Fall – Was Sie da munterfröhlich erzählen, Herr Sellner, das Konzept der –
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Remigration?
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Ja. Das habe ich in die AfD eingebracht. Wie Sie schon gesagt haben, Herr Sellner, das wurde bereits längst von uns aufgegriffen.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Ja absolut. Die AfD ist da ganz meiner Meinung.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
So. Aber das Problem ist ja: Das Wie. Wie soll das gehen? Wenn wir Men- schen deportieren –
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner) Remigrieren.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Ist doch dasselbe meine Fresse! Also, wenn wir das machen wollen, dann haben wir ja bei den Menschen, die bereits deutsche Staatsbürger sind ein Problem. Denn diesen Menschen müssten wir ja erstmal die Staatsbürger- schaft entziehen. Laut Grundgesetz kann man eine Staatsbürgerschaft durch ein – wie Sie sagen würden Herr Sellner – maßgeschneidertes Gesetz aber nur dann entziehen, wenn diese Menschen dadurch nicht staatenlos werden.
Und wir halten uns ja an Gesetze. Wir benutzen den Rechtsstaat um mit Recht unsere völkischen Ideen umzusetzen. Das ist unser Ding. Alles legal! Und deswegen habe ich da auch eine vollkommen legalistische Lösung. Ich bin dafür, dass wir uns für doppelte Staatsbürgerschaften einsetzen.
ALLE CONCIERGES Hä?!
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Sellner)
Entschuldigung Bühnenfigur Gerrit Huy. Das müssen Sie uns jetzt erklären.
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Na also: wir waren ja mal gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Das hat die Chefin, also die Alice Weidel, vor ein paar Jahren noch so gesagt. Die meinte:
(Alice Weidel als Seriöses Zitat im Hintergrund, Computerstimme
„Die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft gehört umgehend abge- schafft.“)
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy)
Genau. So war unsere Position. So und was wir jetzt brauchen sind letztlich nur zwei Gesetze.
Dafür machen wir jetzt mal ein Gedankenexperiment:
Wir sind schon in einer Regierung und haben Gesetz Nummer 1 installiert, dass es wahnsinnig bürokratiefrei möglich macht, dass Menschen eine dop- pelte Staatsbürgerschaft annehmen.
So und jetzt sagen wir da ist ein junger Mann, nennen wir ihn mal Emre. Emre ist hier geboren. Seine Eltern sind aus der Türkei hierher gekommen. Die Familie hat einen komplett legalen Aufenthaltsstatus und Emre hat eine deutsche und eine türkische Staatsbürgerschaft. Gut. Wir, wir wollen den Emre aber deportieren.
So und wir, wir entziehen ihm nun – über ein Gesetz Nummer 2 genau-
so bürokratiefrei – die deutsche Staatsbürgerschaft. Dann hat er ja im-
mer noch die türkische. Geht mit dem Grundgesetz. Und obwohl Emre in Deutschland geboren wurde, ist der jetzt auf dem Papier ein Türke. Und damit – ja, können wir ihn loswerden.
Und deswegen werbe ich erstens für die doppelte Staatsbürgerschaft.
Und was Gesetz zwei angeht, da sind wir in der AfD schon auf einem ge- meinsamen Nenner:
(Alice Weidel als Seriöses Zitat im Hintergrund, Computerstimme
„Eine Senkung der Hürden zum Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft auf den Weg zu bringen.“)
Uns so locken wir diese Menschen, die nicht zu unserem Volk gehören, in eine Falle. Alles vollkommen legal.
(Kurze Stille.)
CONCIERGE 2 (nüchtern, journalistisch)
Sellner fährt fort und ein Aspekt in seinem Vortrag ist auch ein sogenannter
„Musterstaat“ in Nordafrika. Sellner erklärt, in solch einem Gebiet könnten bis zu zwei Millionen Menschen leben. Dann habe man einen Ort, wo man Leute „hinbewegen“ könne. Dort gebe es die Möglichkeit für Ausbildun- gen und Sport. Und alle, die sich für Geflüchtete einsetzten, könnten auch dorthin.
Was Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die National- sozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Nur zwei Jahre später fand dann die Wannseekonferenz statt.
(GO Zitat Wannsee-Konferenz: „Das Aufgabenziel war, auf legale Weise den deutschen Lebensraum von Juden zu säubern.“ Alle Concierges blicken dahin.)
CONCIERGE 3 (Bühnenfigur Gerrit Huy mit Blick auf das Zitat:) Sag ich doch! Alles legal.
SZENE 6 – MADAGASKAR/WANNSEE
(VIDEO: Im Hintergrund sehen wir wie verschiedene Fotos vom Boot: Wie die Anwesenden gemeinsam Lachen, wie Sellner redet & weitere.)
CONCIERGE 4 (noch immer am Pult – langsam, nüchtern)
Die Correctiv Journalist:innen beschreiben in ihrer Recherche jetzt folgen- des:
Draußen zerfällt der Schnee zu grauem Matsch. Die Runde aber ist bestens aufgelegt; für sie ist es eine gute Zeit.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Ich, Gernot Mörig, bin ja normalerweise eher der pessimistische Typ,
aber an einem Tag wie heute, da schöpfe ich Hoffnung. Und das hat mit dem „Masterplan“ von dir zu tun, Martin. Ich träume davon, dass es bald ein Expertengremium geben wird, das einen Plan für die Vertreibung der Menschen mit Migrationshintergrund, auch deutscher Staatsbürger, weiter ausarbeiten soll. Und zwar unter ethischen, juristischen und logistischen Gesichtspunkten. Ein Mitglied habe ich dafür bereits im Sinn: Hans Georg Maaßen.
CONCIERGE 3
Was jetzt kommt, ist fiktionalisiert.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Und das ist ja auch lustig, weil ich das da gerade gesehen habe mit der Wannseekonferenz. Weil, schaut mal hier:
(GO Bild Distanz Luftlinie)
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Die Wannsee-Villa, die ist nur 8 Kilometer von hier entfernt. Habt ihr das gewusst? Ich hab auch gesehen, draußen liegt so ein Saunaboot, vielleicht – (er unterbricht sich, schaut zu CONCIERGE 3, der einen Stift in der Hand hat:) – Entschuldigung, schreiben Sie da gerade mit?
CONCIERGE 3 Was?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig) Ob Sie da gerade mitschreiben?
CONCIERGE 3
Was? Nein! Ich mache mir nur Notizen zum Vortrag von Herrn Sellner.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Die möchte ich gleich sehen bitte. Ich möchte noch einmal betonen: Wir sind hier sicher, hiervon wird nichts nach draußen gelangen. Deswegen bitte, Leute, bitte, lasst eure Handys in der Tasche, hier soll niemand mit- schneiden, auf keinem Weg, ja?!
(CONCIERGE 1 packt heimlich sein Handy weg.)
CONCIERGE 5 (nüchtern, journalistisch)
Worüber jetzt in der nächsten Szene erzählt wird, ist exklusiv. Bis gerade eben hat Correctiv noch daran gearbeitet, dass heute Abend diese Informa- tionen veröffentlicht werden können. Sie werden zeitgleich auch auf der Correctiv Webseite zugänglich gemacht.
SZENE 7 – DER VORTRAG VON MARIO MÜLLER
CONCIERGE 1
Schönen guten Abend. Mein Name ist Mario Müller.
CONCIERGE 3 (sitzt noch immer an der Tafel) Bühnenfigur Mario Müller!
CONCIERGE 4 (vielleicht auch an der Tafel) Ist doch scheiß egal!
CONCIERGE 3
Nein, er darf nicht einfach Mario Müller heißen. Die werden eh versuchen uns zu verklagen. Mach‘s ihnen nicht so einfach.
CONCIERGE 4
Dann ist er halt einfach Nicht-Mario-Müller.
CONCIERGE 1 Gut, darf ich?
CONCIERGE 3
Bitte: Nicht-Mario-Müller.
CONCIERGE 1 (Nicht-Mario-Müller, geschäftig, Business-ig)
Also, ich darf jetzt den nächsten Vortrag halten. Ich mach’s kurz. Ich mach’s knackig. Ich bin gewaltbereiter Neonazi. Zumindest, wenn man den Linken glaubt. Ich bin so wie der Martin ebenfalls Mitglied der Identitären Be- wegung und mehrfach verurteilter Gewalttäter. Ich war unter anderem als Autor für das rechtsextreme Magazin „Compact“ aktiv und arbeite derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt.
In meinem Vortrag da soll es um einen weiteren Baustein des Gesamtkon- zepts, des Masterplans gehen, nämlich: Wie sich die linke Szene bekämpfen lässt. Die Antifa zum Beispiel ist die größte Gefahr für uns. Ohne die hätten wir schon viel mehr Erfolge.
Ich werde heute einen Einblick in meine praktische Arbeit geben. Denn um die linke Szene zu bekämpfen, ist meine Position als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten sehr effektiv.
Denn was macht ein wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag?
(Die Concierges schauen sich alle ratlos an.)
Richtig. Das weiß niemand so genau. Beziehungsweise anders: Es hängt davon ab, wofür man eingekauft wird.
Natürlich kann man zu Themen recherchieren, die dem Bundestagsabge- ordneten selbst erstmal fremd sind, aber Teil seines Arbeitsalltags werden müssen. Natürlich kann man Pressemitteilungen schreiben, Webseiten aktualisieren, sich um die Social Media Profile kümmern. Alles möglich.
Viel wichtiger ist allerdings Folgendes: Mit der Tätigkeit der wissenschaftli- chen Mitarbeit kommen auch Privilegien daher. Man hat Zugang zu Infor- mationen, die nicht nach draußen dringen, zu eingestuften Dokumenten und Interna aus dem Parlament. Der Abgeordnete Jan Wenzel Schmidt zum Beispiel ist ordentliches Mitglied im Finanzausschuss. Wenn ich meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter rechtschaffend nachkommen möchte, muss ich mich dazu natürlich mit ihm austauschen. Er ist zudem Stellvertretendes Mitglied im Familienausschuss. Auch da ist Kommunika- tion notwendig.
Und über meinen Posten und über die Kommunikation mit meinem Bun- destagsabgeordneten komme ich eben an Informationen und Akten – auch und vor allem zu Linksextremen.
So. Aber jetzt haben wir hier in Deutschland ja leider eine Gewaltenteilung. Legislative, Exekutive und Judikative. Und ich frage mich, was wäre, wenn man Exekutive und Judikative zusammendenkt, fusioniert. Historisch gibt es dafür ein Beispiel: Die GESTAPO.
Wir könnten beides tun: Ermitteln und Verfolgen.
Ein Praxisbeispiel: Ich habe einen Menschen ausfindig machen können. Einen Kriminellen. Ein ehemaliger Berliner Autonomer. Er war zu dem Zeit- punkt aus der Szene ausgestiegen und wollte sich in Polen ein neues Leben aufbauen. Als Kindergärtner. Süß, oder?
Naja und wir… wir haben das herausgefunden. Diese Information, dass da ein linker Krimineller auf die kleinen polnischen Kiddies aufpassen will, die hab ich dann in Polen weitergegeben. An „erlebnisorientierte“ Fußballkrei- se. Und die haben den Mann dann konfrontiert – sehr handfest und, sagen wir: sportlich.
(GO Video Johannes D.)
CONCIERGE 1 (Nicht-Mario-Müller)
Daraufhin hat der Herr einen Nervenzusammenbruch erlitten. (Stolz) Außer- dem ist er zum Kronzeugen in einem spannenden Prozess geworden, wo er seine ehemalige Genossin verraten hat.
(GO Foto + Headlines:
Lina E. zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt Kronzeuge hatte die Beschuldigten belastet)
CONCIERGE 1 (Nicht-Mario-Müller)
So. Was ist also passiert? Durch gezielte Organisation haben wir es ge- schafft, die Linken effektiv zu bekämpfen. Wir haben ermittelt und verfolgt. Als nächstes habe ich mich gefragt: Was wäre, wenn das kein Einzelfall bleibt. Sondern, was wenn wir das systematisieren. Was wäre, wenn ich als Mitarbeiter der AfD eine Plattform gründe, auf der Linksautonome ver- sammelt werden. Jetzt könnten Sie sich vielleicht fragen: Warum sollte man Linksautonome auf einer Plattform denn versammeln? Was passiert denn dann mit denen? Das möchte ich hier ganz Ihrer Fantasie überlassen …
Diese Plattform gibt es. Ich habe gemeinsam mit meinem Kollegen Dorian Schubert eine Plattform gegründet. Mein Kollege Dorian kennt man von vielen Nazi-Demos. Er lädt auf YouTube gerne Filme von Nazi-Aufmär- schen hoch, chattet mit Bombenbauern und behauptet von einem Nazi- Kollegen, dass er einen Schuhleckfetisch habe – was auch stimmt.
Aber kommen wir nun zur Plattform. Ihr Name: Dokumentation Linksextre- mismus.
(GO Video Bildschirmaufnahme von X-Account)
Hier sehen Sie die Menschen – mit Namen, Geburtsdatum, teilweise auch mit Adresse. Wie gesagt, als Mitarbeiter der AfD habe ich da Zugang zu be- sonderen Quellen. Und über diese Plattform ist das, was wir im Fall Lina E. gemacht haben, erneut möglich. Immer und immer wieder. Vielen Dank.
(Die Szene ist vorbei. Ein Concierge drückt auf einen Buzzer und der QR Code zur Correctiv-Story wird projiziert. Er wird auch als das ausgewiesen. Es läuft Musik. Etwas Zeit verstreicht.)
SZENE 8 – ULRICH VOSGERAU
(Vielleicht hat sich durch das Lied und dem, was währenddessen passiert, der Raum etwas verändert. Vielleicht wurde die Tafel abgeräumt. Der Raum könnte jetzt nackter sein, ohne Stoffservietten.)
CONCIERGE 2 (als Bühnenfigur Gernot Mörig)
Als nächstes darf ich Ulrich Vosgerau auf die Bühne bitten.
(GO Video Bild von Ulrich Vosgerau.)
Er ist Jurist und Mitglied im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Eras- mus-Stiftung. Er war Akademischer Rat an der Universität Köln und hatte Lehrstuhlvertretungen an der LMU München, sowie den Universitäten in Hannover, Passau und Halle-Wittenberg inne.
Herr Vosgerau vertritt zudem die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht im Streit um Fördergelder für die Erasmus-Stiftung.
Herr Vosgerau ist mehr so der interaktive Typ, deswegen bitte ich darum, dass wir jetzt alle um Herrn Vosgerau herum Platz nehmen.
(Eine kleine Sitzgruppe entsteht.) CONCIERGE 5 (zu Concierge 3)
Muss ich jetzt auch sagen, dass ich eine Bühnenfigur oder sowas bin?
CONCIERGE 3 Auf jeden Fall.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Ulrich Vosgerau, eher langsam sprechend)
Gut. Tach. Ehm. Also ich bin jetzt nicht wirklich der Ulrich Vosgerau. Was ich jetzt sage, habe ich auch nicht so gesagt, aber den wesentlichen Punkt, den ich machen will, den hab ich schon gesagt. Das haben die vom Correctiv recherchiert. Der Rest drumrum, der ist fiktionalisiert, damit’s ein biss- chen lustiger ist halt. Aber (schaut auf seine Zettel) – naja richtig lustig ist’s eigentlich gar nicht, wenn ich mir das hier so anschau. Na, dann komm ich gleich zum faktischen Teil.
Türken können sich keine eigene Meinung bilden. Oder anders: Ich habe Bedenken, dass sich Wählerinnen türkischer Herkunft, keine unabhängige Meinung bilden können. In Deutschland leben 2021 rund 8 Millionen Wahl- berechtigte mit Migrationshintergrund. Das sind 13% der Wahlberechtigten.
Ich möchte hier darüber nachdenken Wahlen anzuzweifeln. Wir haben in Amerika gesehen, welche narrative Kraft aus den Election Deniers rund um Donald Trump möglich ist. Ja das wollte ich jetzt mal in den Raum stellen. Gibt’s da irgendwelche
Impulse wie es möglich wäre, demokratische Wahlen zu delegitimieren?
(Kurzes Überlegen in der Gruppe. CONCIERGE 4 zeigt auf.) CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Ulrich Vosgerau)
Ja bitte, Concierge Nummer 4.
CONCIERGE 4
Man könnte Wahlhelfer belästigen.
CONCIERGE 5 (als Bühnenfigur Ulrich Vosgerau) Interessant.
CONCIERGE 1 (zeigt auf und spricht direkt) Wahlbriefkästen blockieren.
CONCIERGE 5 (nickt) Mhm.
CONCIERGE 4
Internationale Wahlbeobachter engagieren.
CONCIERGE 2 Musterschreiben.
CONCIERGE 5 Was war das?
CONCIERGE 2 Musterschreiben.
CONCIERGE 5 Was meinen Sie?
CONCIERGE 2
Naja, man könnte ein Musterschreiben entwickeln, um die Rechtmäßigkeit von Wahlen anzuzweifeln.
CONCIERGE 5 (denkt laut nach)
Hmm … Jeder Wahlberechtigte kann Einspruch gegen die Bundestagswahl einlegen. Eine Welle an Einsprüchen könnte das Narrativ etablieren, dass Wahlen manipuliert wurden. Das ist gut. Denn es geht ja letztendlich um Zweifel. Um Zweifel an Wahlen und am Funktionieren des demokratischen Systems. Daraus ließe sich eine ganze Kampagne entwickeln.
CONCIERGE 4
Das trifft sich gut. Die AfD bereitet jetzt gerade eine Musterklage gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor. Die soll noch im Frühjahr raus. Und dazu noch eine Kampagne, die zeigt, wie luxuriös die Sender ausgestattet sind!
CONCIERGE 5
Ja, das ist gut. Alles sehr gut! Und je mehr bei dem Musterschreiben und der Musterklage dabei sind, umso höher die Erfolgswahrscheinlichkeit.
Da werde ich mich mal gleich an die Arbeit machen! Ciao Leute, wir sehen uns am 26. Januar zum konservativen Aperitif wieder.
(Er verschwindet einfach. Etwas ratlose Stille.)
CONCIERGE 1 Konservativer Aperitif?
CONCIERGE 4
Ja der ist auch wieder hier: Im Landhaus Adlon.
CONCIERGE 1 (will sich den Termin aufschreiben) 26. Januar ?
CONCIERGE 4 Jup.
SZENE 9 – SPENDEN
(Dann steht Bühnenfigur Gernot Mörig auf. Vielleicht sehen wir sein Bild erneut hinten.)
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Na gut. Ehm. Dann, will ich die Gunst der Stunde mal kurz nutzen und – nochmal freundlich auf unsere Kernaufgabe hinweisen. Wir sammeln ja Spenden hier.
Bargeld Spenden und Tagungsbeiträge können Sie wie gesagt ganz dezent einfach der Astrid übergeben. Denn wir alle hier im Raum, wir finanzieren ja unter anderem die Identitären und Martin Sellner. Das ist wirklich klasse. Also vor allem auch, weil ja Abgeordnete der AfD hier sind und ihr immer so tun müsst, als wärt ihr nicht rechtsextrem. Und dann auch hier die Mitglie- der der WerteUnion. Schön, dass Sie hier Ihr wahres Gesicht zeigen. Danke. Wirklich. Danke.
Doch damit ist es nicht getan. Denn ich sehe meine Bestimmung darin, rechtsextreme Aktionen zu stärken. Dafür organisiere ich bereits seit über zwei Jahren Spendenkampagnen unter Unternehmern. Es gibt eine ganze Liste von Finanziers, die dazu gehören:
Christian Goldschagg, Gründer der Fitnesskette Fit Plus und ehemaliger Ge- sellschafter des Süddeutsche Verlages zum Beispiel. Oder Klaus Nordmann, ein Mittelständler aus NRW und AfD-Großspender. Gloria von Thurn und Taxis.
CONCIERGE 4
Ach echt? Gloria von Thurn und Taxis?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Naja… wir sind uns ja wohl bekannt… Gloria und ich wir… Also…
CONCIERGE 4
Na entschuldigt: Spendet sie oder nicht?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Naja… wir sind uns ja wohl bekannt… Gloria und ich wir… Also…
CONCIERGE 4
Das war doch eine einfache Frage.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig) Naja.. Ehm…
CONCIERGE 4
Hey, Faktenschiri. Wie ist das jetzt, wenn der Mörig faktisch etwas sagt, aber das faktisch wahrscheinlich gelogen ist? Dürfen wir das dann sagen?
CONCIERGE 3
Keine Ahnung. (Zu Concierge 2) Mach weiter.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Oder natürlich auch ein Spender: Alexander von Bismarck. Du wilder Hengst du.
Bisher laufen diese Spenden über das private Konto meines Schwagers. Der ist Bänker.
(Im Hintergrund blenden wir das Facebook Profil mit verpixeltem Namen von ihm ein, damit er weiß, das Correctiv weiß, wer er ist.)
Doch dem wird die Sache nun zu heiß. Und ich weiß, dass es einigen hier im Kreis am liebsten ist, einfach direkt Briefumschläge bei meiner Astrid ab- zugeben. Wir wollen die Form der Spenden jedoch professionalisieren und bei unserem nächsten Düsseldorfer Forum einen nicht eingetragenen Verein haben, über den Überweisungen laufen können.
(CORRECTIV-REPORTER:IN tritt noch einmal auf. Dabei könnte er/sie eine pro- minente Armbanduhr tragen.)
CORRECTIV-REPORTER:IN Entschuldigung, gibt’s hier jetzt Kaffee?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig) Ja.
CORRECTIV-REPORTER:IN
Echt? Ich hab so mega Bock auf Kaffee.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Wir haben zwar Kaffee. Aber Sie können sich hier jetzt keinen nehmen.
CORRECTIV-REPORTER:IN
Wie jetzt? Ich hab hier auch ein Zimmer gemietet. Und ich hab richtig dolle Bock auf Kaffee.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Sie dürfen hier nicht rein. Diese Runde ist exklusiv.
CORRECTIV-REPORTER:IN Oh.. Ist sie das?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig – entschieden) Ja!
CORRECTIV-REPORTER:IN Also wirklich kein Kaffee?
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig) Raus!
(CORRECTIV-REPORTER:IN geht raus.) CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig)
Entschuldigt, Patrioten.
CONCIERGE 1 (hält Correctiv-Reporter:in für einen Mann) Der hatte eine coole Armbanduhr…
CONCIERGE 4 (als Bühnenfigur Ulrich Siegmund)
Na gut, wenn wir hier jetzt gerade schon so munter beisammen sind, dann möchte ich mich auch kurz einschalten. Hallo, ich bin NICHT Ulrich Sieg- mund, der Fraktionschef der AfD aus Sachsen Anhalt.
(GO Video: Ein Bild von Ulrich Siegmund wird eingeblendet.)
Genau, der bin ich NICHT. Ulrich Siegmund. AfD Sachsen Anhalt. Das bin ich NICHT. NICHT!
CONCIERGE 1
So stop mal. Ich versteh das alles mit dem journalistisch Korrekten. Echt. Mega wichtig. Aber hier in dem Fall ist das doch Quatsch. Sorry Leute, wir wissen, dass der das gesagt hat. Komm, Ulrich, mach nochmal.
CONCIERGE 4 (als Bühnenfigur Ulrich Siegmund)
Na gut, wenn wir hier jetzt gerade schon so munter beisammen sind, dann möchte ich mich auch kurz einschalten. Hallo, ich bin Ulrich Siegmund, der Fraktionschef der AfD aus Sachsen Anhalt.
(Ein Bild von Ulrich Siegmund wird eingeblendet.)
Genau, der bin ich. Ulrich Siegmund. AfD Sachsen Anhalt.
Und ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich circa 1,37 Millionen Euro an Spenden für die nächste Wahl benötige. Und zwar zusätzlich zu dem, was von der Partei zur Verfügung gestellt wird. Versuche ich damit Gelder an der Partei vorbei zu schleusen? Wer weiß das schon… Aber, ich sach mal, was möglich wäre, wenn ihr hier rein zufällig Personal bezahlt oder Agenturen, die so Dinge machen, die ich eigentlich auch machen will. Versteht ihr? Das wäre wirklich super.
Direkte Parteispenden sind zwar das Sauberste, aber ich will hier einfach noch einmal klarstellen: es gibt auch alternative Wege, um Zuwendungen zu machen. So etwas können wir gerne im Einzelgespräch ganz persönlich ausmachen. Ich stehe nach der Veranstaltung hier zur Verfügung, dass wir dann individuell den besten Weg finden können. Danke.
CONCIERGE 2 (Bühnenfigur Gernot Mörig – schaut sich um)
Na, wo ist denn jetzt unser zukünftiger Justizminister Ulrich Vosgerau ge- blieben?
SZENE 10 – SCHLUSS
(Alle übrig gebliebenen vier Concierges gehen zu den zwei Rednerpulten.)
CONCIERGE 4 (ganz nüchtern, journalistisch)
CORRECTIV schreibt:
Dass Teile der AfD mit Neo-Nazis und Neuen Rechten eng vernetzt sind,
ist nichts Neues. Bisher aber schob die Partei das Problem auf einzelne
Orts- oder Landesverbände. Bei dem geheimen Treffen in dem Hotel ist auch ein Vertreter der höchsten Ebene der Partei präsent: Roland Hartwig, persönlicher Referent der AfD-Chefin Alice Weidel, und nach Angaben mehrerer AfD-Insider im Bundestag eine Art „inoffizieller Generalsekretär der Partei“. Einer, der Einfluss auf die höchsten Entscheidungsebenen der Partei habe.
Vor den Gästen bekennt sich Hartwig als Fan des neurechten Aktivisten Sellner, dessen Buch er „gerade mit großer Freude“ lese. Auch er nimmt Bezug zu dem vorher besprochenen und von Mörig bezeichneten „Master- plan“.
(Der Satz steht so nicht im Text, als Einschub:) Er ist es auch, der von der Mus- terklage gegen den Rundfunk und der Kampagne gegen die Sender erzählt. (Wieder zur Recherche:) Im Kontext von Sellners Vortrag sei auch das Projekt zu sehen, das Mörigs Sohn bei dem Treffen vorstellt: Friedrich Arne Mörig soll eine Influencer-Agentur aufbauen, die unter anderem von der AfD finanziert werden solle. Der andere Teil soll von Unternehmern kommen. Indirekte Werbung für die auch hier Spenden gesammelt würden. Mörig junior wolle Rechtsschutz für rechte Influencer garantieren. Das Ziel sei, so Hartwig, Einfluss auf die Wahlen zu nehmen, vor allem bei jungen Leuten: „Die Generation, die das Blatt wenden muss, steht da“. Mit diesem Plan sol- len also junge Menschen auf Plattformen wie TikTok oder YouTube mit den Inhalten bespielt werden, die als normale politische Thesen wahrgenom- men werden sollen.
(CONCIERGE 4 geht ab.)
CONCIERGE 3 (ganz nüchtern, journalistisch)
Der nächste Schritt in diesem Projekt, so Hartwig, werde jetzt sein, das Vor- haben dem Bundesvorstand zu präsentieren, und die Partei davon zu über- zeugen, dass sie auch davon profitiert.
Hartwig sagt dazu auch einen entscheidenden Satz: „Der neue Bundes- vorstand, der jetzt anderthalb Jahre im Amt ist, ist offen für diese Frage- stellung. Wir sind also bereit, Geld in die Hand zu nehmen und Themen zu betreiben, die nicht unmittelbar nur der Partei zugutekommen.“
Man bekommt den Eindruck, als trete Hartwig, die rechte Hand von Alice Weidel, hier als Vermittler zum Bundesvorstand der AfD auf – um die in- haltlichen Pläne dieses Treffens in die Partei zu tragen.
CONCIERGE 2 (ganz nüchtern, journalistisch)
Am Abend danach ist alles still. Das Hotel wirkt wie ausgestorben. Nur ein leichtes Fernsehflackern kommt aus der Juniorsuite. Der Schnee ist ge- schmolzen.
Es bleiben zurück:
Ein rechtsextremer Zahnarzt, der sein konspiratives Netzwerk offenlegte; ein Treffen von radikalen Rechtsextremen mit Vertretern der Bundes-AfD; ein „Masterplan“ zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern aufgrund ihrer „Ethnie“; also ein Plan, die Artikel 3, Artikel 6, Artikel 16 und Artikel 21 des Grundgesetzes zu unterlaufen. Die Offenlegung mehrerer potenziel- ler Spender für Rechtsextremismus aus dem gehobenen Bürgertum; ein Bundestags-Mitarbeiter und offener Rechtsextremer, der damit prahlte, Schlägertrupps auf Kronzeugen zu jagen und mit GESTAPO Methoden die Gewaltenteilung aufzuheben versucht; ein Verfassungsrechtler, der juristi- sche Methoden beschreibt, um demokratische Wahlen systematisch anzu- zweifeln; ein Landtagsfraktions-Vorsitzender der AfD, der Wahlspenden an der Partei vorbei organisieren will; und ein Hotelbesitzer, der etwas Geld einnehmen konnte, um seine Kosten zu decken.
CONCIERGE 1 Und nochwas.
CONCIERGE 2 Was meinst du?
CONCERIGE 1 Das Video.
CONCIERGE 2 (schmunzelt)
Achso. Ja. Könnten wir das Video einmal haben.
(GO Video V-Mann)
Sehen Sie, wer da langläuft? Der wurde von den Autokameras aufgegriffen. Ein Mensch mit einer Kamera vor dem Gebäude. Was wohl sein Beruf sein mag? Denkmalschützer? Oder doch jemand vom Verfassungsschutz?
Sollte das jemand vom Verfassungsschutz gewesen sein, möchten wir freundlich darauf hinweisen: Die Reporterfabrik von Correctiv bietet unter auch Weiterbildungen für Investigativ-Interessierte an. Vielleicht schaffen Sie es dann das nächste Mal ja auch ins Gebäude herein.
Danke, schönen Abend.
(CONCIERGE 2 ab.)
CONCIERGE 1
Wir wissen, dass dieser Abend keiner ist, aus dem man fröhlich herausgeht. Worum es im Düsseldorfer Forum geht, ist nichts weniger als die Zerstörung unserer Demokratie. Diese Zerstörung, wie wir gehört haben, ist im Gange. Sie passiert. Jetzt.
Und dennoch zeigt, erzählt dieser Abend auch noch etwas anderes. Er er- zählt einerseits davon, dass die Faschos echt Schiss vor der Antifa haben. Aber vielleicht wird dieser Abend auch Teil einer neuen Erzählung: Einer Erzählung, die damit beginnt, dass wir uns gegen die faschistischen Kräfte in unserem Land wehren. Es könnte eine Erzählung sein, die zeigt, dass wir viele sind. Dass wir laut sind. Dass wir als Zivilgesellschaft nicht pennen. Sondern dass wir hellwach sind. Und dass wir uns unsere Demokratie nicht kaputt machen lassen.
Worüber dieser Abend hier aber zweifelsohne erzählt: von der Bedeutung von unabhängigem Journalismus. Er erzählt von Menschen, die ihre Leben aufs Spiel setzen, um unsere Demokratie zu stärken. In diesem Fall arbeiten diese Menschen für CORRECTIV.
Herzlichen Dank an Greenpeace dafür, dass Sie Correctiv Recherchematerial zur Verfügung gestellt haben. Vielen Dank an Correctiv und vielen Dank an Sie, dass Sie heute Abend hier und im Netz dabei waren. Auf Wiedersehen.
(CONCIERGE 1 ab. Licht aus.)
CORRECTIV ist ein gemeinwohlorientiertes Medienhaus, die Recherche der Investigativ-Redaktion zum Treffen der Rechten in einem Hotel bei Potsdam im November 2023 ging am 10. Januar 2024 unter der Überschrift "Geheimplan gegen Deutschland" online. Verantwortlich für das gleichnamige Stück zeichnet Kay Voges: Der Intendant und Regisseur am Volkstheater Wien brachte die Recherche als Koproduktion des Berliner Ensembles und des Volkstheaters Wien in Form einer szenischen Lesung auf die Bühne des BE. 40 Theater, Opernhäuser, Festivals und Kultureinrichtungen in Deutschland zeigten spontan den Livestream, darunter auch das Theater Regensburg - wo man spontan auch noch eine Eigenproduktion auf die Beine stellte, die bei freiem Eintritt im Theater am Haidplatz zu sehen war